Unmögliches möglich machen oder...
...aus 1 mach 10!
Gestern war ich mit zweien unserer Schützlinge wie so häufig in der Tierklinik und wurde dort interessiert gefragt, wie wir sie „aussuchen“.
Und da ich dachte, dass dies auch Sie interessieren könnte, hier ein Einblick, was in uns vorgeht, wenn wir Hunde „aussuchen“. Wissen Sie, es ist weniger, dass wir tatsächlich einen Platz frei haben und in die Welt hinausrufen „Platz zu vergeben“, sondern wir bekommen täglich so viele Hunde gemeldet, dass, wenn sich der „richtige Hund im richtigen Moment“ meldet, genau dieser das Glück hat. Oft habe ich jedoch auch noch einzelne Hunde aus der Flut der gemeldeten im Kopf, und wenn dann der passende Moment kommt und ein Platz für einen von ihnen möglich ist, erinnere ich mich an sie und frage nach, ob er noch Hilfe benötigt. Ist dieser Hund dann doch bereits anderweitig in Sicherheit gebracht worden oder hat sogar ein neues Zuhause gefunden, dann freue ich mich sehr. Oftmals bekomme ich dann aber aufgrund meines Platzangebotes sofort weitere Hunde vorgestellt und dann entsteht – wie Jahreswechsel 2020 / 2021 – ein „Weihnachtswunder“ und ein „So fängt das Jahr gut an!“.
Passend wäre auch hier der Titel „Aus 1 mach 10“. Wie es 10 Hunde in unsere Obhut geschafft und den Weg am 04. Januar 2021 zu uns gefunden haben, obwohl ich kurz vor Weihnachten 2020 ursprünglich nur einem Hund einen Platz angeboten hatte.
Ausgangssituation war, dass wir einen Platz für einen älteren, verträglichen Hund gehabt hätten und so fragte ich bei einem rumänischen Verein, von dem wir schon häufiger Hunde übernommen hatten, nach einem recht alten Hund nach, der mir bereits im Sommer ans Herz gelegt worden war. Ich dachte an die Kälte in Rumänien und wie furchtbar dies für seine alten Knochen erst recht zu dieser Zeit wären.
Darauf kam die erfreuliche Nachricht: bereits vermittelt! Und dann natürlich sofort die Frage, ob wir denn dafür nicht einen Kaukasischen Owtscharka, der mir ebenfalls schon einmal ans Herz gelegt worden war, aufnehmen könnten. Da war komplettes Umdenken angesagt, denn in die Hundegruppe, in den ich einen älteren Hund integriert hätte, kann ich nicht diesen ca. 3 jährigen, stabilen Kaukasen integrieren. Das würde bedeuten, eine neue Hundegruppe „aufzumachen“. Das bedeutet für mich, weniger Platz für zahlende Gäste in meinem Hundehotel. Ich atmete tief ein, hörte in mich hinein … und sagte zu (Evaan in obiger Collage).
Wie es beim Zusagen nun mal so ist, ich schaue dann auf der Facebook-Seite des Vereins nach, was es schon an weiteren Infos zu diesem Hund gibt und dann verliert man sich leicht im Lesen. Hunde und Schicksale springen einen an, gehen ans Herz, und in meinem Kopf rumort es, wie man weiteren Hunden dort helfen könnte.
Ein Hund sprang mir sofort ins Auge, war er mir doch sicherlich bereits 20x per email gemeldet worden von Hundefreunden, denen sein Schicksal nah ging: ein Mioritic mit starken Hautproblemen… das ist Schicksal, dachte ich, dass ich ihn jetzt wieder sehe, und genauso wie der zuvor angedachte ältere Hund haben es „Hauthunde“ im kalten Winter im Shelter extrem schwer. Also auch ihm zugesagt (Gavriel in obiger Collage), weiter auf deren Facebook-Seite geblieben und gefragt, bis wann ich weiteren Hunden zusagen müßte, damit alle im gleichen Transport nach Deutschland reisen können. Auf die Frage, nach welchem Hund ich suchen würde, antwortete ich, wie es ist:
„Das ist bei mir immer auch Bauchgefühl. Es geht weniger darum, dass wir Platz frei haben, als dass ich einen Platz frei machen würde für einen bestimmten Hund“
Ich bekam den Link zu drei verschiedenen Hündinnen, der dritten sagte ich zu (Florrie in obiger Collage). Warum den anderen beiden Hündinnen nicht? Auch sie sollen das schönste Zuhause finden, aber bei der riesigen Menge an Nottieren muss man leider wählen, und ich habe gelernt, meiner Intuition zu vertrauen, welcher Hund es dann sein soll, der zu uns kommen kann. Das Ablehnen eines Hundes bedeutet nicht, dass nicht auch dieser Hund zauberhaft und großartig ist, aber wir können nicht jedem helfen. Allein dieses „Aus 1 mach 10“ ist eine sehr große zeitliche, organisatorische und finanzielle Herausforderung und nicht „Standard“ bei uns.
Ich bekam auch zeitgleich mit dem Link zu Beschreibung der dritten Hündin die Links zu zwei jüngeren, sehr ängstlichen Herdenschutzhund-Mix-Schwestern geschickt. Sie sind seit Welpenbeinen im Tierheim-Zwinger. Kurz nachgedacht, und da sie super verträglich sind und sich leicht auch in eine bestehende Gruppe integrieren lassen, zugesagt – welche Chance haben sie denn sonst? Und wenn zwei Hunde aneinanderhängen, blutet mir immer irgendwie das Herz in der Vorstellung, einen alleine im Elend zurückzulassen (Luana & Dialya in obiger Collage).
Nun hatte ich bereits 5 Hunden zugesagt. Und während ich vom Kopf her schon dachte, dass damit die Zusagen für diesen Transport abgeschlossen wären, machte sich eine immer lauter werdende Stimme in meinem Kopf bemerkbar:
„Wenn 5 Hund zu uns kommen, dann werden wir direkt angefahren, dann können wir doch auch noch weiteren zusagen!“
„Der Winter wird so hart für die Hunde, schau mal nach, ob du nicht noch Platz schaffen kannst in deinem Hundehotel!“
Irgendwann waren diese Stimmen im Kopf so laut und überzeugend, dass ich einen Rüden, der mir von Anfang an ins Auge gestochen war, und der mich mit seiner Verschlossenheit und irgendwie auch Abgeschlossenheit extrem berührt hat, zusagte (Jakim in obiger Collage). Ich sagte zu im Vertrauen in uns und was alles möglich ist. Ich war mir sicher, dass er hier bei uns auftauen und wieder Vertrauen fassen wird. Auch hier hat sich mein Bauchgefühl mal wieder als wahr herausgestellt: in der kurzen Zeit, in der dieser Hund bei uns ist, hat er sich schon so toll gewandelt. Uns geht in jedem Moment mit ihm das Herz auf aus Dankbarkeit für das Vertrauensgeschenk, das er uns macht!
Somit sind wir nun bei 6 Hunden und die Reise ist noch nicht zu Ende …
Und dann passierte etwas, was kein Zufall ist – Zufälle gibt es nicht im Leben, alles hat seinen Sinn. Die Person, mit der ich Kontakt bezüglich der verschiedenen Hunde hatte, wollte eine Kollegin anschreiben, vertat sich im Facebook-Chat und schickt mir den Link zu einer ängstlichen, verträglichen Hündin, die bereits seit 9 Jahren (!!!!) in diesem Tierheim sitzt. 9 Jahre! Wie überlebt ein Hund das?? Da war kein Abwägen nötig, die Entscheidung fiel in der Sekunde und die Hündin darf zu uns (Lenja in obiger Collage).
Weiter auf der Facebook-Seite des Vereins unterwegs und mit Anerkennung, welchen besonderen Herausforderungen / Widrigkeiten / Belastungen sich Auslandstierschützer stellen müssen, schlugen mir in den Beiträgen Hund um Hund, Schicksal um Schicksal entgegen. Jedes Wesen einzigartig und so besonders. Ich überlegte, wie ich es in meinem Hundehotel stemmen könnte, wenn ich weitere Hunde aufnehme und sagte einer weiteren ängstlichen, jüngeren Herdenschutzhund-Mix-Hündin zu (Adèle in obiger Collage). Auch sie lässt sich in eine bestehende Gruppe bei uns integrieren und kann hier in Ruhe wieder Zuversicht gewinnen und mutiger werden.
Und auf einmal – halt, stopp, was ist das?? Ein Beitrag mit Fotos einer völlig verzweifelten Kuvasz-Hündin fing mich ein! Diese Hündin unternimmt im rumänischen Tierheim verzweifelte Anstrengungen, um aus ihrem Zwinger hauszukommen! Ich sah mir ihr Video mehrfach an und spürte ihre verzweifelte Bitte um Hilfe – und sagte zu (Izusa in obiger Collage).
Und beim letzten Blick schon beim „Und jetzt gehe ich WIRKLICH von dieser Facebook-Seite weg!“ fiel mein Blick auf einen alten, humpelnden Hunde-Opa. Der Kreis schloss sich: die Reise begann damit, dass ich einem älteren Hund eine warmen Platz in unserer Obhut anbieten wollte, und sie endete auch damit (Gilby in obiger Collage). Wenn es auch ein anderer älterer Hund war, der dann den Weg zu uns fand. Der erste wurde zum Türöffner für insgesamt 10.
Ein ungewöhnliches Jahr 2020 ging zu Ende und es ungewöhnlich begann das Jahr 2021. Denn „10 auf einen Streich“ in unsere Obhut aufzunehmen, dass geht nur mit viel Organisation, mobilisieren aller zeitlichen Ressourcen und dem tiefen Vertrauen in all die tollen Menschen, die uns unterstützen und damit solche Wunder möglich machen. DANKE!
Herzlich Willkommen in unserem Verein!