HSH – Hirtenhunde / Herdenschutzhunde – Welche Bezeichnung ist nun richtig?

Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Buch „HSH – Hirtenhunde / Herdenschutzhunde“, von Mirjam Cordt erschienen im Caniversum-Verlag:

"Auch Hütehund ist nicht gleich Hütehund, so dass in Koppelgebrauchshunde und in Herdengebrauchshunde zu unterscheiden ist. Sieht man sich deren Besonderheiten und Einsatzgebiete an, dann wird die von Mirjam Cordt geprägte HSH-Bezeichnung ersichtlich:

Hirtenhunde mit primär
Schutzfunktion und sekundär
Herdengebrauchshundqualitäten

Verwendet man die Anfangsbuchstaben, so kommt man wieder auf die Abkürzung HSH.

Da dies Bezeichnung doch recht lang ist, verwenden die HSH-Hilfe e.V. gerne immer wieder auch den Begriff „Herdenschutzhund“. Wohl wissend, dass damit ihrem gesamten Können nicht Rechnung getragen wird. Aber durch diese Bezeichnung kommt die Ressourcensicherung deutlicher zum Vorschein und macht deutlich, dass sich auf einen Kangal nicht die Eigenschaften eines Border Collies übertragen lassen.

Herdenschutzhunde sind nicht – wie es irrtümlicherweise immer wieder vorkommt – mit Hütehunden zu verwechseln.

Die primäre Aufgabe der Herdenschutzhunde besteht im Schutz und in der zuverlässigen Verteidigung der ihnen anvertrauten Herden – sowohl gegen vierbeinige als auch gegen zweibeinige Eindringlinge. Viele Herdenschutzhunde leben alleine mit den Herden, so dass für diese Arbeit ein selbstbewusster Hund vorausgesetzt wird, der zu eigenständiger Arbeit fähig ist. Da Beutegreifer bevorzugt in der Dämmerung und in der Nacht angreifen, ist zu diesen Zeiten der Schutztrieb besonders ausgeprägt. Diese Merkmale des HSH sind, wie auch seine exzellenten, stets hellwachen, scharfen Sinne, die ihn jederzeit alles registrieren lassen, was in seiner näheren und weiteren Umgebung geschieht, genetisch fixiert.

Der Schutztrieb und das starke Territorialverhalten gehören zu den herausragenden Eigenschaften des Herdenschutzhundes. Grundsätzlich wird alles Fremde innerhalb seines Territoriums zurückhaltend und misstrauisch betrachtet und bei dem geringsten Anflug einer Gefahr für sein Rudel verjagt, wobei die Strategie dieser Hunde eher in der defensiven Abwehr liegt. Das Territorium des HSH umfasst für gewöhnlich nicht nur das mit dem Gartenzaun abgesteckte eigene Grundstück, sondern auch das weitere sichtbare Umfeld sowie häufig besuchte Plätze und Spazierwege.

Herdenschutzhunde machen auf den Betrachter oft zunächst einen verschlafenen, stoischen und phlegmatischen Eindruck; Hyperaktivität ist ihnen generell fremd – statt dessen bestechen sie durch gelassene Ruhe. Dies soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der eben noch auf einem strategisch günstigen Platz scheinbar dösende Hund sich in Sekundenschnelle zu einem abwehrenden, imposanten und reaktionsschnellen Schutzhund verwandeln kann, wenn er meint, dass die Situation dies erfordert. Seinem ursprünglichen Aufgabengebiet angepasst, sondiert ein guter Herdenschutzhund erst die Lage, bevor er bei einer für seine Schutzbefohlenen sich darstellenden Gefahr abwehrt. Der ökonomische und sinnvolle Einsatz seiner Kräfte ist maßgebend für den effektiven Schutz der ihm Anvertrauten.

Es lag und liegt absolut nicht im Interesse der Hirten, einen Hund heranzuzüchten, der bei jeder sich ergebenden Gelegenheit Feinden hinterher jagt, mit seinen Energien nicht haushält und seine Herde aus den Augen lässt – denn an die könnten sich in diesem Moment neue Feinde heranwagen. Durch unsachgemäße Aufzucht, einem sozial nicht intakten und seinem Wesen nicht entsprechenden Umfeld können sich derartige Verhaltensweisen jedoch mehr oder weniger stark ausprägen. So gibt es nicht wenige Herdenschutzhunde, die mit Leidenschaft jagen, allem hinterherlaufen, was sich bewegt und sich somit aus dem Umkreis ihres Rudels bzw. ihrer Herde entfernen. Durch ihre hohe Selbständigkeit und Freiheitsliebe kann es dann eine geraume Zeit in Anspruch nehmen, bis sie wieder ihr Rudel / ihre Herde aufsuchen. Hier liegt es am Besitzer, seinen Hund unter Kontrolle zu behalten, sei es durch Leinenzwang, der besonders in von Zwei- und Vierbeiner frequentierten Gebieten leider oft genug unumgänglich ist, als auch durch den nicht immer einfachen und langwierigen Aufbau eines Vertrauensverhältnisses sowie entsprechendem Training. Dies erfordert vor allem bei Hunden, die bereits mehrmals ihren Besitzer gewechselt haben, ein besonderes Einfühlungsvermögen, Geduld und Respekt. Dann hat man jedoch einen wunderbaren Begleiter an seiner Seite, der durch seine Ursprünglichkeit, seine hohe Selbständigkeit, sein feinfühliges Wesen sowie seine ausgeprägte Persönlichkeit besticht.

Entsprechend seinem ursprünglichen Aufgabengebiet und den dazugehörigen rauhen Lebensbedingungen ist der Herdenschutzhund äußerst witterungsunempfindlich. Seine Fellpflege ist (bis auf die extrem langhaarigen Vertreter) unproblematisch; bei diesen ursprünglichen Rassen, die sich bei Wind und Wetter mit Begeisterung im Freien aufhalten, wird man häufig mit dem Fehlen des typischen Hundegeruches überrascht.

Eine weitere Besonderheit der Herdenschutzhunde ist ihre Anspruchslosigkeit in Bezug auf die Ernährung. Aufgrund des Nahrungsangebotes in ihren Ursprungsländern, das eher als kärglich bezeichnet werden kann, hat sich ein Hundetyp entwickelt, der sich an eine proteinarme Ernährung angepasst hat und aus einem minimalen Nährstoffangebot das Maximum an Energie herauszuholen vermag. Dies sollte bei der Fütterung berücksichtigt werden, da diese Hunde auf eine Überversorgung an tierischem Protein oft mit allergischen Reaktionen wie Hautproblemen reagieren. Hier ist eine ausgewogene, proteinarme Ernährung für das Wohlbefinden des Hundes unerlässlich. Nicht wenige Herdenschutzhunde sind geradezu gierig nach Milchprodukten (Joghurt, Quark, Kefir) und Getreideprodukten (Brot, Nudeln, Reis)."

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